Wenn Service so gar nicht fliegt

Beim Fliegen geht im Moment richtig viel drunter und drüber. Verspätungen sind an der Tagesordnung und alleine bei mir wurden in den letzten 14 Tagen 3 Flüge kurzfristig annulliert.

Eine dieser Annullierungen traf mich besonders. Mit unserer Projektmanagerin Heike flog ich mit dem Red-Eye-Flight zu einem wichtigen welearning-Termin nach Salzburg und am gleichen Abend wieder zurück. Dachten wir wenigstens. Denn als wir nach einem fordernden Meeting an diesem heißen Sommermontag gegen 19.30 Uhr an den Flughafen kamen, erhielten wir die frohe Botschaft, dass unser Flug annulliert ist und wir auf den nächsten Tag um 08.35 Uhr umgebucht werden. Nun, das ist unangenehm, wenn man außer Handtasche und Aktentasche nichts dabei hat. So richtig lästig ist das aber, wenn drei Kinder auf ihre Mama zu Hause warten – und das war bei Heike der Fall. Wir nahmen es trotzdem mit Humor, weil es ja auch nicht zu ändern war. Und ich sagte noch großmütig zu Heike: „Wir bekommen ein Notfallpaket, das passt schon.“ Wir bekamen außer einem Hotelvoucher nichts – weder von airberlin, noch vom Hotel: Keinen Bademantel, keine Schlappen – nichts. Und so versorgten wir uns notdürftig im einzigen offenen Laden im Bahnhof. Auf das wenig verlockende Convenience-Abendessen im Hotel verzichteten wir und ich lud Heike in ein nettes Restaurant in meiner Heimatstadt ein. Als wir dann im Hotel nett darum baten, unseren Abendessen-Gutschein gegen 2 kleine Gläser Wein als Absacker zu tauschen, ging das auch nicht. War auch kaum anders zu erwarten.

Am nächsten Morgen rief mich um 06.45 Uhr die Rezeption an: „Frau Hübner, der Herr, dem Sie gestern Ihr Handy-Ladegerät geliehen haben, hat mich soeben vom Flughafen angerufen. Ich soll Ihnen sagen, Ihr Flug ist wieder annulliert.“ Kommunikation durch die Fluggesellschaft: KEINE. To cut a long story short: Der Mittagsflug war dann auch noch so verspätet, dass ich entschied, direkt zu meinem Vortragstermin nach Wien weiterzureisen. Ohne Vortragsunterlagen, die lagen ja zu Hause auf dem Schreibtisch. Diese Entscheidung erwies sich als goldrichtig, denn Heike landete erst am Abend, und ich hätte meinen Flug von Düsseldorf nach Wien gar nicht mehr erreicht. Nach Rücksprache mit der Hotline kleidete ich mich für die Abendveranstaltung und den Vortrag am nächsten Tag neu ein und reichte die Beschwerde samt Belegen bei airberlin elektronisch zur Erstattung nach.

Der Mitarbeiter als wichtigster Botschafter eines Unternehmens

Wenige Tage später flog ich die gleiche Strecke wieder. Ein holländischer Fluggast sprach die Annullierungen bei der Flugbegleiterin an. Sie erzählte unverblümt: „Wir haben viel zu wenige Mitarbeiter, speziell für diese kurzen Strecken mit den kleinen Flugzeugen. Ich fliege schon die Xte Schicht in dieser Woche.“ Und prompt einen Tag später war der Rückflug wieder gestrichen.

Jede Beschwerde ist wertvoll

Diese Mail erreichte mich jetzt auf meine Beschwerde: „Sehr geehrte Frau Huebner, wir möchten uns im Namen der airberlin ganz herzlich bei Ihnen entschuldigen, dass Ihr Flug nicht wie geplant stattgefunden hat. Natürlich wissen wir, dass Sie sich auf Ihre Flüge und Ihre Reise gefreut haben – (Liebe airberlin: Wie kommen Sie zu der irrwitzigen Annahme, dass sich Vielreisende auf das Fliegen freuen. Das ist eher eine Qual. Empathie geht anders!) und einen reibungslosen Ablauf von der Buchung bis zur Betreuung an Bord erwarten  (Das wiederum stimmt). Auch für uns sind alle unvorhergesehenen Ereignisse im Flugbetrieb sehr ärgerlich, da in diesen Fällen meist eine komplexe Anpassung der Flugdurchführung erforderlich ist. (Das ist für einen Fluggast milde ausgedrückt nicht wirklich relevant). Als Entschädigung für die Flugverzögerung erhalten Sie von uns eine Ermäßigung von insgesamt 500 EUR auf Ihre nächste, direkt bei airberlin und NIKI getätigte Buchung…“

Hallo? Ich will keinen Gutschein und auch keine seelenlosen Textbausteine als Antwort. Ich will meine Ausgaben erstattet – von der sinnlos verplemperten Lebenszeit, den wartenden Kindern, dem Ärger, den fehlenden Vortragsunterlagen und dem Unwohlgefühl in verschwitzten Klamotten ganz zu schweigen.

Der Kunde fühlt öffentlich

Jedes Unternehmen braucht heute ein exzellentes Kundenfeedback-Management. Denn Service wird immer sehr persönlich genommen. Die Verletzungen gehen hier sehr viel tiefer als Enttäuschungen, die Produkte auslösen. Früher erzählten unzufriedene Kunden zehn, vielleicht auch mal zwanzig Bekannten ein Negativ-Erlebnis in Service und Kundenkommunikation. Heute haben sie die Möglichkeit, ein Publikum von zig-, ja hunderttausenden Menschen zu erreichen. Der Internet-Pranger stellt heute ein erhebliches Risiko für Unternehmen dar. Denn die virulenten Themen werden oft binnen kürzester Zeit auch von zahlreichen weiteren Medien aufgegriffen. Laut der Studie „Digital Journalism 2012“ arbeitet mehr als jeder zweite Journalist bereits mit den Social Media als Quelle. Auf diese Weise erreichen die Empörungswellen des Netzes auch sehr traditionelle Milieus.

Und selbst das beste Unternehmen hat Kunden, die unzufrieden sind. Doch in den allerwenigsten Fällen erfährt es auch davon. Von 100 verärgerten Kunden schweigen 95 gegenüber den Firmen. Die Gründe? Man will keinen zusätzlichen Frust ansammeln, man scheut den Aufwand, man fürchtet einen Konflikt oder man vertraut nicht auf zufriedenstellende Lösungen. Umso wertvoller sind für jedes Unternehmen die wenigen Kunden, die ihrem Ärger Luft machen.

Er fliegt. Er fliegt nicht. Er fliegt. Er fliegt nicht…

„Vertrauen kommt so langsam wie ein Fußgänger und verschwindet so schnell wie ein Reiter“, formulierte der Niederländische Staatsmann Johann Thorbecke schon im 19. Jahrhundert. Mein Vertrauen wurde sehr erschüttert. Da nützt auch das beliebte Schokoherz nichts.

Und während ich diese Service-Geschichte schreibe, sitze ich in einer Maschine von Germanwings – aktuell 40 Minuten verspätet. Gerade meldet sich der Kapitän zu Wort: „Meine Damen und Herren, der Flug nach Köln ist auf ungewisse Zeit verspätet. Wir haben von unserem Unternehmen die Order bekommen, die Kölner mit nach Düsseldorf zu nehmen. Unser Abflug verzögert sich daher um weitere 20 Minuten. Danke für Ihr Verständnis. Betrachten Sie es als Ihre gute Tat für heute.“

Wie Ihre Mitarbeiter Ihren Service immer zum Fliegen bringen und Kunden nicht mit öden Textbausteinen quälen oder Ihnen qua ihrer Unregelmäßigkeiten unfreiwillige gute Taten einreden, erfahren Sie mit welearning.