Debriefing und Supervision: Was wir von Olympia für unsere Teams lernen können
Im Spitzensport gibt es ein entscheidendes Erfolgstool: das Debriefing. In Kombination mit Supervision macht es unschlagbar. Warum nutzen wir es nicht mehr im Business?
Dass es ein Fehler war, Ulla* direkt nach ihrem verpatzen Workshop anzurufen, war mir in der Sekunde klar, in der sie meinen Anruf annahm. Ich konnte förmlich hören, wie sie die Zähne aufeinanderbiss, um Fassung rang, ihr Schluchzen unterdrückte. Sie hatte ihr erstes Training geleitet. Und niemand, nicht ein einziger Teilnehmer, hatte wirklich mitgemacht.
Sofort, mit Adrenalin im deutlich roten Bereich, griff ich zum Smartphone. Fest entschlossen, mich um Ulla zu kümmern und das gefühlte Desaster mit meinem Trainer-Rohdiamanten zu reflektieren und ihr via Dialog den letzten Schliff zu geben. Was ich in diesem Moment nicht ahnen konnte: Ja, die Lernkurve würde steil nach oben gehen, aber nicht nur bei Ulla, sondern am meisten bei mir.
Ein sicherer Raum für Reflexionen – und Emotionen
Was ich mit einem Anruf versucht hatte, heißt im Spitzensport: Debriefing. Es kann sehr vieles auf einmal und ist deshalb eines der mächtigsten Tools, um exzellente Sportler zu Höchstleistungen zu coachen. Es ermöglicht:
- Revision in Zeitlupe: In vielen Sportarten analysieren Trainer und Sportler zusammen Videoaufnahmen. Dabei wird jede Bewegung, jede Entscheidung auf den Prüfstand gestellt. Was hat gesessen? Was nicht? Und wenn nicht, warum nicht? Das gleiche funktioniert auch mit dem Video-Mitschnitt eines Kundengesprächs oder Seminars.
- Verarbeitung schwieriger Emotionen: Im Debriefing geht es um rationale Reflexion, aber auch darum, Gefühle der Überforderung und Frustration zu verstehen – und dann im geschützten Rahmen des Debriefing-Gesprächs loslassen zu können. Erfolgsentscheidend im Sport und auch im Job.
- Strukturiertes Lernen: Learnings aus Erfolgen, vor allem aber aus Misserfolgen werden festgehalten und in die Praxis integriert – damit nicht immer wieder der gleiche Fehler passiert.
Warum erst nach dem Wettkampfstress?
Was ich wusste, aber dennoch unterschätzt hatte: Wenn die Emotionen noch rasen, gilt es, die Situation erst einmal gemeinsam auszuhalten. Abwarten. Taschentücher, Umarmung, Talisman reichen – was auch immer dann hilft. In der akuten Angst- oder Stress-Situation ist das Frontalhirn weitgehend abgeschaltet, Adrenalin und andere Stresshormone durchfluten den Körper, das Herz rast, der Fokus liegt komplett auf der unmittelbaren Leistung, rationale Diskussionen sind kaum möglich.
Erst wenn das Zentrum für rationales Denken wieder hochfährt, sind Menschen in der Lage, ihre Performance objektiv zu analysieren, ihre Fehler als Lernkurve zu betrachten und Strategien zu entwerfen, mit denen sie ihre Leistung verbessern können. Heißt in der Praxis: Debriefing braucht Geduld! Und zwar viel mehr, als Sie sich, falls Sie (wie ich) ein eher ungeduldiger Mensch sind, wahrscheinlich gedacht haben.
„Debriefing“ plus „Supervision“ machen unschlagbar
Falls Sie sich fragen: Debriefing ist nicht das gleiche wie Supervision. Ganz im Gegenteil. Debriefing und Supervision unterscheiden sich wesentlich. So wesentlich, dass die Kombination dieser beiden Tools in der Praxis zu einem enormen Leistungsschub führt:
- Ein Debriefing fokussiert zeitnah auf eine ganz bestimmte, einzelne Performance oder Situation. Ihr Ziel ist die kurzfristige Leistungsoptimierung durch Lernen. (Interessiert? Dabei unterstützen wir gerne).
- Eine Supervision (mit einem Supervisor) oder Intervision (mit dem Team) ist ein langfristiger Reflexionsprozess. Hier geht es um kontinuierliche Entwicklung von und Persönlichkeit, Professionalität und Haltung. (Das ist das Ziel unseres Tools welearning).
Das heißt für Sie: Kombinieren Sie Debriefing (den situativen Rückblick auf Performances) mit Supervision (der kontinuierlichen Reflexion der Haltung). So befeuern Sie Spitzenleistung. Und ganz wichtig: Finden Sie den richtigen Moment.
Herzlich
Ihre Sabine Hübner
* Ich habe den Fall anonymisiert.
Bild: Westend61 / photocase.de