Der ärgste Feind der Kundenkommunikation

Ja, es gibt Wege, um sich gegen den größten Feind der Kundenkommunikation – den Papierkorb – zu wappnen. Eine kleine Psychologie der kleinen Aufmerksamkeiten, die bleiben.

Ein Geschäftspartner erzählte mir kürzlich, dass er eine meiner Anregungen aus einem Workshop vor vielen Jahren neu aufgegriffen hatte und zehn persönliche, handgeschriebene Akquise-Briefe zur Post gebracht habe. Eigentlich war er der Idee eher skeptisch gegenübergestanden, zumal das Unternehmen als eher nüchterner Dienstleistungskonzern  auftritt, und er selbst auch ein sehr sachlicher Manager ist. Kurz darauf hielt er neun Einladungen zum Kennenlerngespräch in den Händen. Erfolgsquote 90 Prozent! Er war sehr überrascht. Moment: So einfach? Und wenn ja: Warum?

Gucken Sie mal kurz in Ihren Papierkorb. Was sehen Sie? Berge von ungeöffneten Briefen, vollgepackt mit Angeboten, Infos und Werbung – und das alles landet schneller in diesem Korb, als man „Postwurfsendung“ sagen kann. Die, wenn Sie mich fragen, am wenigsten effektive Art der Kundenkommunikation. Weil aber Kundenkommunikation für Unternehmen erfolgsentscheidend ist, habe ich mich gefragt: Was landet eigentlich NICHT im Papierkorb? Dabei sind mir fünf „psychologische Wegwerfbremsen“ aufgefallen, die zumindest bei mir dazu führen, dass kleine Aufmerksamkeiten im Regal landen – statt gleich in der Rundablage. Wie sehen Sie das?

1. Handgeschrieben ist „hochachtungsvoll“

Wenn Ihnen heute – zwischen Smartphone, Smartwatch, Tablet, Laptop – ein handgeschriebener Brief auf den Schreibtisch flattert, ist das etwas Besonderes. Jede Handschrift ist der Spiegel einer Persönlichkeit, sie vermittelt das Gefühl von Nähe. Und auch von einer Old-School-Hochachtung, nach der wir uns heute vielleicht mehr sehnen, als wir es uns selbst eingestehen. Mit blauer Tinte respektvoll handgeschriebene Zeilen einfach in den Müll zu werfen, wäre das nicht ein Affront? Also hält der oder die Angeschriebene einen Moment inne, liest, und vor allem: behält die Zeilen im Kopf, im Herzen, in der Schublade. Kurz: Im KI-Zeitalter wirkt Vintage Wunder.

2. Schwer wirkt wichtig

Dünne, flatternde Prospekte werfen wir wohl alle ohne viel Aufhebens weg. Sie fühlen sich so wertlos an, dass wir sie nicht einmal aufblättern. Doch wenn ein Brief mit einem gewissen Gewicht daherkommt? Das macht neugierig: Vielleicht ist da ja doch etwas Wichtiges drin? Etwas Besonderes? Zumindest etwas Schönes? Gewicht suggeriert Wertigkeit!

3. Original heißt wertig

In Zeiten der KI und digitaler Reproduzierbarkeit gelten „echte“, ausbelichtete Fotos fast schon als kleine Kunstwerke. Und ist es nicht so? Eine physische Fotografie in den Händen zu halten, ist ein prägenderes Erlebnis als das bloße Scrollen durch einen Instagram-Feed. Selbst wenn es nur reproduziert wurde, vermittelt ein gedrucktes Porträt eine Authentizität, eine „Aura“, die digitale Alternativen nicht erreichen. Das Resultat? Der Brief wird nicht weggeworfen – denn wer entsorgt schon Kunstwerke?

4. Simpel, effektiv, nützlich

Ein Lesezeichen, ein kleiner Block, ein Bleistift – das alles sind supernormale Kleinigkeiten, die man nicht unbedingt wegwirft, sondern lieber behält. Warum? Man braucht sie sowieso. Und es stört auch nicht weiter, wenn man mehr davon hat. Unaufdringliche (!) originelle Marketingmaterialien (dazu zählt nicht zwingend der zehnte Kaffeebecher oder die Strickmütze mit dem riesigen Baumarkt-Logo), die diesen praktischen Wert mitbringen, bleiben oft und lange in Sichtweite – und im Kopf des Empfängers.

5. Gute Laune wirft Anker

Ein Lächeln auf den Lippen, nur weil man Post bekommen hat? Ja, das funktioniert. Überraschen Sie Ihre Empfänger mit kleinen, fröhlichen Details – ein kleiner „Hoptimist“, eine Postkarte mit einer humorvollen Illustration oder einem witzigen Spruch. Positive Emotionen bleiben haften und können dazu führen, dass wir einen Gegenstand in unser Herz schließen (vor allem, wenn er Augen hat…). Der Grund ist ganz einfach: Dinge, die uns gute Laune machen, geben wir nicht wieder her. (Und Dinge mit Augen erst recht nicht).

Kurz: Mit Gewicht, Originalität, Handschrift, Nützlichkeit und positiven Emotionen landet Ihre Kommunikation genau da, wo sie hingehört: Im Kundenherzregal. Wie sehen Sie das?

Bild: zettberlin / photocase.de