Auf der Suche nach dem verlorenen Maß

Achtung, Aprilscherz: Volkswagen wird sich doch nicht in Voltswagen umbenennen. Der PR-Gag zeigt, wie viel ein Konzern richtig machen kann, warum es gerade so schwierig ist, das richtige Maß zu finden, und was das alles mit Service zu tun hat.

Man kann es kaum glauben angesichts der täglich beklagten „Lage“: Es passiert gerade eine Menge Gutes in der Wirtschaftswelt. Die Industrie steuert um auf Nachhaltigkeit. Nicht jedes Unternehmen, nicht überall, aber einige der ganz großen Tanker reißen gerade das Steuer herum: Volkswagen zum Beispiel steuert um auf Elektromobilität, baut in den kommenden Jahren sechs riesige Batteriefabriken und hat das Zeug, Tesla einzuholen. Die Zeit ist so reif für diesen Move, dass die Presse erst heute gemerkt hat, dass sie auf einen verfrühten Aprilscherz hereingefallen ist. Nein, Volkswagen wird sich nicht in Voltswagen umbenennen. Gepasst hätte es aber schon.

Scherz hin oder her: Die Herausforderungen „Virus“ und „Klima“ haben die Wirtschaft in einen doppelt befeuerten Druckkessel gesetzt. In diesem Druckkessel ist es für Entscheider und Unternehmer noch viel herausfordernder als ohnehin schon, jeden Tag die richtige Balance zu finden. Gemeint ist die Balance auf einem Spannungsfeld, an dem mindestens fünf Kräfte zerren: ökonomisches Interesse und bürokratische Notwendigkeit, professioneller Anspruch und persönlicher Idealismus. Und dann noch politische Rahmenbedingungen, die rund um die Themen „Virus“ und „Klima“ ganz besonders spürbar sind. Was das alles mit Service zu tun hat? Alles!

Fehlt die Balance, leidet Service

Sobald ein Unternehmen zu sehr auf eine Seite kippt, leidet Service.

  • Zu viel Bürokratie macht Service kaputt,
  • zu viel Kostenmanagement auch,
  • zu viel Ringen mit zu hohen Ansprüchen lähmt die Agilität,
  • zu viel Idealismus kann in Frustration münden und
  • zu enge politische Vorgaben schnüren Service die Luft ab.

Wie findet man nun die richtige Balance? Antwort: Fokus auf Nachhaltigkeit. Philosophisch gesprochen: das richtige Maß. Wenn wir unsere Unternehmen, unsere Mitarbeiter und vor allem unsere Kundenbeziehungen heil über die nächste Monate bringen wollen, müssen wir ganz neu über das richtige Maß nachdenken. Ich meine, wir brauchen hier eine Kombination aus ökologischer, vor allem aber auch sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit.

Mitten in der Krise macht Volkswagen jetzt einfach mal. Die Ankündigungen zum VW Power Day waren gigantisch. Und während das ganze Land jammert, punktet der Konzern mit einem Aprilscherz. Macht man so Kunden zu Fans? Über die Frage, ob VW hier das richtige Maß getroffen hat, streiten gerade US-Medien, Marketingprofis, Börsenexperten. Paul Argenti, Professor für Corporate Communications an der Dartmouth’s Tuck School of Business sagte in der Washington Post: “Goofing around about who it is and what it’s trying to do, particularly with anything related to sustainability strikes me as really, really bad taste. It’s just terrible.”

Was sagen Sie dazu? Ich meine: der Fokus auf Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Wegweiser für eine unternehmerische Balance, die zu besserem Service führen muss. Wer allerdings mit einem so sensiblen Thema mitten in einer schwierigen Zeit seine Kunden veralbert, um Aufmerksamkeit zu gewinnen, der ist vielleicht doch zu weit in Richtung „ökonomisches Interesse“ gerutscht – und hat dabei vergessen, wie sehr im Moment die Nerven blank liegen.

Humor lebt von richtigem Timing. Vom perfekten Moment. Genau wie Service.

Ich wünsche Ihnen einen humorvollen 1. April mit vielen guten Überraschungen!

Bildquelle: Pexels #69213