Nach dem Corona-Lockdown: Sehnsucht nach Service von Mensch zu Mensch
Über Nacht haben viele Unternehmen ihren Service neu erfunden – Corona hat’s notwendig gemacht und die Digitalisierung machte es möglich. Was Menschen aber wirklich bewegt und langfristig bindet, das sind die persönlichen Begegnungen. Ehrlich, solidarisch, echt.
Paartherapeuten verschreiben lustlosen Paaren nicht selten Sexentzug – und schon flackert die Liebe wieder auf. Eine paradoxe Intervention. Vielleicht erleben wir im Corona-Modus gerade etwas ähnliches. Serviceentzug – und schon können wir nicht genug bekommen von Paketboten, wir lieben Kassiererinnen, sehnen uns nach der Friseurin und sogar nach den Lehrern unserer Kinder. Wir verstehen endlich, wie sehr wir die vielen Menschen brauchen, über deren Serviceleistung wir uns zuvor gar nicht genug aufregen konnten: Lieferanten und Handwerker, Krankenschwestern und Pfleger. Sie alles sind unsere neuen Servicehelden. Gut so!
In Sachen Service haben die vielen kleinen und großen Unternehmen in den vergangenen Wochen vieles sehr richtig gemacht – und manches sehr falsch. Beginnen wir heute ausnahmsweise 😉 mit dem Falschen:
Service im Corona-Modus: So bitte nicht
Nicht jede Krise schreit nach Chance: Unangenehm aufgefallen sind mir diejenigen, die mit reißerischen Angeboten versucht haben, aus der Corona-Pandemie einen persönlichen Profit zu schlagen. Hallo? Es geht jetzt nicht um Hardselling, sondern um Haltung. Klartext: „Lieber Kunde, wir stehen diese Zeiten gemeinsam durch.“
Jammern, granteln, kleinlich sein: Wer sich als Händler oder Unternehmer derzeit persönlich angegriffen oder beleidigt fühlt, der hat etwas Wesentliches nicht verstanden. Es geht jetzt nicht darum, sich wie ein Blockwart aufzuspielen. Souveränität zeigt sich jetzt in einem Service, der auf Solidarität setzt und auf Win-Win.
Menschmomente gibt es nur in echt: Wer seit Wochen jeden Tag Stunden in virtuellen Meetings verbringt, weiß, wovon ich spreche. Wir sind jetzt einerseits dankbar für die digitale Welt und anderseits sind wir digital ermüdet. Ja, es gibt Kontaktpunkte, die digital wunderbar funktionieren: Informationen abgleichen, einen Status austauschen, einen Prozess vereinbaren. Es gibt aber auch Kontaktpunkte, bei denen das nicht funktioniert. Weil sie den Zauber des Menschmoments brauchen, den direkten Dialog, das magische hier und jetzt. Das gute Gefühl, das entsteht, wenn man zusammensitzt, sich mag und in die Augen schaut – das gibt es nur in echt.
Gerade jetzt, wo in Österreich wieder die kleinen Blumenläden öffnen dürfen, die Buchläden und Schuhgeschäfte, wird uns klar, wie sehr wir die täglichen Menschmomente im Handel vermisst haben. Und damit kommen wir zu den vielen Service-Aktionen, mit denen vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen in den vergangenen Wochen über sich selbst hinausgewachsen sind:
Von wegen Krise: Mit Service geht immer etwas
Kommunikation auf allen Kanälen: Beeindruckt hat mich die Service-Kommunikation der kleinen Läden: Blumen per SMS bestellen, Lieferung prompt per Fahrrad. Buchbestellung per Online-Formular, Abholen durchs Gartenfenster. Kuchen per Facebook-Foto, kontaktlos bezahlen, im Körbchen bekommen. Und das alles bei bester Laune und dem gemeinsamen Gefühl: Wir kriegen das hin.
Geschäftsmodelle neu gedacht: Die Kleinen haben es vorgemacht, die großen Unternehmen sind nachgezogen. Masken statt Mode, Desinfektion statt Gin – und auch das von heute auf morgen. Weil sich die Kundenwünsche über Nacht verändert hatten. Chapeau!
Sehnsucht nach Menschmomenten zeigen: Ich habe nie zuvor so viele emotionale Schilder in Schaufenstern gesehen. Von „Wir vermissen Euch“ über „Abstand halten, Liebe zeigen“ bis „Kommt herein, wir sind wieder da!“ ist alles dabei. Das ist gelebte Kundenliebe – und die ist wirksamer als jeder Hochglanz-PR-Coup.
Was nehmen wir mit? Serviceentzug macht Kunden sehnsüchtig und Unternehmen kreativ. Service lässt sich tatsächlich über Nacht neu erfinden – denn „digital“ macht vieles möglich. Diese neuen Service-Spielarten haben neue Verbindungen mit einem hohen Wert geschaffen, auch weit über Corona hinaus. Und die besten Menschmomente, die gibt’s immer noch in echt.
Ihre
Sabine Hübner
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Bildquelle: Photocase / Imagesines