Mehr Respekt für Servicehelden!
Busfahrer… Neulich an einem Freitagabend am Flughafen Hamburg warte ich gemütlich in der Lounge. Pünktlich schleppe ich meinen Koffer die Treppe hinunter zum Gate im Tiefgeschoss, nur um mir dann dort unten eine Stunde lang die Füße platt zu stehen. Eine ganze, völlig sinnlose Stunde im Keller. Und die Verabredung mit meinen Freunden? Geplatzt! Warum? Absoluter Service-Stillstand! Und weit und breit kein Busfahrer, der die Fluggäste zum Flugzeug fährt.
Schon im Sommer hatten sich in Hamburg viele Ferienfamilien an den Gepäckbändern die Beine in den Bauch gestanden. Manches Gepäck kam auch gar nicht an, sondern flog zum Beispiel zurück nach Barcelona. Warum? Weit und breit keine Mitarbeiter zum Ausladen.
Kein Kunde akzeptiert Service-Stillstand
Nun ist mir die Komplexität des Zusammenspiels von Betreiber, externen Service-Dienstleistern und Fluglinien an einem Flughafen durchaus bewusst. Ich wohne selbst in einer Stadt, in der der Flughafen an seinem Flughafen quasi nichts mehr selber in der Hand hat. Vielleicht funktioniert deshalb das gesamte Boden-Handling auch so unfassbar miserabel.
Trotzdem habe ich mir aus Neugier mal ich die Stellenanzeige des Hamburger Flughafens aus dem Internet gefischt. Ich wollte wissen, was meine Servicehelden offiziell können sollen – außer Bus fahren. Höchst interessant… Ich fand eine mit bürokratischen Begrifflichkeiten gespickte Liste: Beförderung, Zustandskontrolle, Schichttauglichkeit, Belastbarkeit, Deutsch in Wort und Schrift, Führungsqualitäten, Weiterbildung.
Service braucht Helden
Wie wäre es zum Beispiel so: Servicehelden gesucht!
„Der XY-Flughafen sucht Dich als Superhelden für den Einsatz am Boden. Deine wichtigste Aufgabe ist der Transport unserer Gäste und der Heldenkolleginnen und -kollegen mit Flug-Superpower zu ihren Einsatzmaschinen. Ein Batmobil haben wir für Dich zwar nicht, aber unsere großen Vorfeldbusse sind wirklich beeindruckende Supermobile. Du kannst so ein Riesending steuern und hast Freude daran, Dir mit Deinem Lächeln bei unseren Gästen ein Lächeln abzuholen? Melde Dich. Wir lieben Servicehelden.“
So etwa. Warum auch nicht? Wobei: ein guter Anfang wäre es doch bereits, Menschen für Dienstleistungen mit freundlichen, ja vielleicht sogar originellen und realistischen Stellenanzeigen anzusprechen. Warum um Himmels willen brauchen Busfahrer „Führungsqualitäten, Teamfähigkeit und Bereitschaft zur Weiterbildung“? Wer die Latte so hoch hängt und nicht gerade Heldenlöhne für den Schichtbetrieb bietet, braucht sich nicht zu wundern, wenn er keine Service-Mitarbeiter findet.
Wertschätzung und Wertschöpfung
Wir brauchen von allen Seiten mehr Wertschätzung für ordentliche Dienstleistung. Natürlich wollen und müssen Flughafen, Airlines und Dienstleister Gewinne erwirtschaften. Aber: Service ist kein Projekt – Service ist eine Haltung. Und diese Haltung zeigt sich nicht nur gegenüber den eigenen Kunden, sondern auch gegenüber Geschäftspartnern und Mitarbeitern. Servicehelden verdienen Respekt. Ein besser bezahlter Service-Level im Vertrag, der das Qualitätsversprechen sichert, mag zwar kurzfristig mehr Geld kosten als Low-Budget-Service mit traurigen und armen Helden. Nicht nur für Flughafenbetreiber, auch für Fluggäste. Aber High-End zu Low-Budget gibt es nicht. So zu denken ist naiv, es ist auch doppelmoralisch.
Servicekatastrophen kosten unter dem Strich noch viel, viel mehr. Und sie bleiben ein Leben lang im Gedächtnis. Nach meinem unfreiwilligen Keller-Erlebnis in Hamburg überlege ich in Zukunft drei Mal, ob ich noch fliege. Der schnellste IC von Hamburg nach Düsseldorf braucht nur noch drei Stunden und acht Minuten.
Ach ja… ich wüsste gerne, ob sich auf solche Stellenanzeigen mehr Busfahrer melden als auf Drohtexte mit „Deutsch in Wort und Schrift“. Was meinen Sie? Was sind Ihre Erfahrungen?
Herzlichst,
Ihre Sabine Hübner
PS: In Frankfurt und Bayern wird der Bus ohne Busfahrer bereits getestet. Wie ein Batmobil sehen diese Modelle nicht aus, aber die Zukunft kommt schneller als wir denken. Nur: was ist ein Batmobil ohne Batman? Mir wäre Batman etwas wert. Ich liebe wahre Servicehelden.
https://www.dezeen.com/2017/10/27/germany-unveils-first-driverless-bus-bavaria-technology-transport/
Sehr geehrte Frau Hübner,
ich weiß nicht, wie oft ich beim Lesen Ihres Blogs „Respekt für Servicehelden“ innerlich genickt habe, das Bewusstsein dbzgl. zu schärfen tut uns allen gut. Persönlich ist mir jedenfalls ein freundliches Individuum immer noch lieber, als der beste Roboter. Danke für den Hinweis! Jetzt zücke ich für Sie das grüne sabinemoticons – toll gemacht! Liebe Grüße aus Wien.
Sehr geehrter Herr Sauberer, herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Ich freue mich sehr, wenn ich Ihre Gedanken getroffen habe. Ihnen eine schöne Adventszeit im wunderschönen Wien und ganz liebe Grüße, Sabine Hübner
Liebe Frau Hübner,
ja, Sie sprechen mir als Berufskollegin aus der Seele. Lesen Sie hier über ein Erlebnis, wo trotz grundsätzlich schlechter Qualität der Leistung – ein Langstreckenflug – doch noch echtes Serviceglück erfahren habe.
https://www.sonjahartl.com/2016/02/26/die-wahre-chief-of-customer-service/
Viele Grüße aus Kärnten
Sonja Hartl
Danke, liebe Frau hartl, für Ihren Beitrag und diese wunderbare Geschichte. Ihnen einen schönen Advent und herzliche Grüße, Sabine Hübner
Liebe Frau Hübner,
vielen Dank, dass Sie den Kundenservice immer so deutlich und beispielhaft thematisieren.
Ich erlebe es ganz oft, dass von den Mitarbeiterinnen in den Service-Abteilungen der Unternehmen viele, viele Aufgaben und ganz viel Motivation gefordert wird.
In der Hierarchie des eigenen Unternehmens sind diese Menschen allerdings ganz unten angesiedelt, schade.
Liebe Frau Kellner, ja, so verhält es sich leider noch zu häufig an vielerlei Stellen. Und genau das müssen wir ändern, wenn wir in der Zukunft noch Menschen motivieren wollen, Servicehelden unsers Alltags zu werden. Fröhliche Weihnachten und herzliche Grüße Sabine Hübner
Hallo Frau Hübner,
gut dass es Sie gibt! Machen Sie weiter so. Es ist immer eine Punktlandung und immer erfrischend.
Danke!
Danke, liebe Frau Schneider für Ihr wirklich besonderes Feedback, das mich in meiner Haltung bestärkt. Ihnen schöne Weihnachtstage und einen guten Start in ein gesundes, freudvolles und serviceglückliches Jahr. Herzlich, Sabine Hübner
[…] eine Bleibe für die Nacht bekommen oder nur ein Glas Wasser. Es gibt unendlich viele Wege, wie Servicehelden auf den Plan treten und wie sie helfen […]