Menschmomente®: Warum uns Begegnungen oft so anstrengen – und wie es viel leichter geht
Sie kennen das Spiel: Ein Mitarbeiter versteckt sich hinter dem Regal, an der Hotline geht ewig niemand ans Telefon, und der Chef verkriecht sich lieber in Meetings statt Mitarbeitergespräche in Angriff zu nehmen. Es ist niemand da, niemand zu sprechen. Keine Zeit. Nix.
Die Frage bewegt mich seit langer Zeit: Warum finden so viele Menschen – im Job genau wie im Privatleben – Begegnungen so anstrengend? Was ist an Begegnungen derartig herausfordernd, dass wir lieber intensiv in unsere Smartphones schauen als unserem Gegenüber in die Augen? Und wie kann es sein, dass ausgerechnet gelungene Begegnungen – ich nenne sie Menschmomente – uns gleichzeitig so glücklich machen können wie kaum etwas anderes? Ich vermute, hinter unserer Scheu gegenüber Menschmomenten stehen schräge Menschenbilder, die nicht zuletzt auf das Konto von 100 Jahren Ratgeberliteratur gehen.
Very Old School: Der andere als Untertan
Blick zurück auf die 1920er Jahre: Die frühe Lebenshilfeliteratur entwirft den Willensmenschen, der sich selbst hundertprozentig im Griff hat, der sich gegenüber anderen verpanzert und einen derartig vereinnahmenden Eindruck verbreitet, dass sich sein Gegenüber ihm gerne gefügig macht. Menschmomente sind hier Unterwerfungsmomente. Der andere ist ein Gegner. Und machen wir uns nichts vor: Das gibt es heute noch allzu oft. Aus dieser Perspektive ist der andere anstrengend. Und das gilt natürlich auch für den „Geführten“: Er empfindet eine Schwere des Dienens anstatt Leichtigkeit in der Begegnung.
Old School: Der andere als Problem
Spot auf die 1960er und 1970er Jahre: Es wird gefühlt, es wird geredet, man verwirklicht sich selbst. Weil der andere dabei gelegentlich im Weg steht, mobilisiert man ihn strategisch in die gewünschte Richtung. Es geht um indirekte Steuerung via Charisma, letztendlich also um Instrumentalisierung. Der andere ist ein Störfaktor. In den Köpfen des ein oder anderen, so mein Eindruck, ist dieses Bild nach wie vor aktiv. Auch hier ist der andere vor allem anstrengend. Was wiederum genauso für den „Manipulierten“ gilt: Für ihn wird jede Begegnung zur Falle. Und hinterher fällt es ihm auch auf.
New Work: Der andere als Geschenk
Seit den 1990er Jahren tritt „der Andere“ in der Literatur, und ich meine auch in Seminaren, zunehmend als Partner und Mitspieler auf. Über Feedback, sogar Feedforward und gemeinsame Reflexion wird mein Gegenüber wichtig für mich. In der Begegnung geht es jetzt nicht mehr um die anstrengende Demonstration von Dominanz und auch nicht mehr um anstrengende Manipulation. Der andere ist ein Geschenk, mit ihm erlebe ich persönliche Entwicklung, Leichtigkeit, Freude. Erst heute erlauben wir uns selbst und unseren Gesprächspartnern Begegnungen mit offenem Visier und mehr noch: mit offenem Herzen. Zumindest in der Theorie.
Nun ist der Literatur- und Seminarbetrieb die eine Sache, die Realität in Unternehmen ist die andere. Neue, alte und uralte Glaubenssätze und Menschenbilder geistern heute gleichzeitig durch Konfis, Flure und Kaffeeküchen. Und nehmen uns die Lust an wundervollen Menschmomenten!
Menschmomente:
Das Tagebuch für besondere Begegnungen
Ich meine: Das geht anders. Deshalb habe ich ein neues Buch geschrieben, das, ganz anders als meine früheren Bücher, von Ihnen selbst mitgeschrieben wird: „Menschmomente. Das Tagebuch für besondere Begegnungen.“ Es ist ein Tagebuch mit viel Raum für Reflexion und mit inspirierenden Texten, die Lust machen – auf mehr und schönere Menschmomente.
Dieses Buch soll helfen, den Wert des Menschmoments wieder zu erleben. Weil ich fest glaube, dass Menschmomente unser Leben glücklicher machen. Und alles ändern:
- Führungskräfte und Mitarbeiter empfinden das Miteinander weniger anstrengend und vielmehr bereichernd
- Mitarbeiter spüren im Kundenkontakt nicht mehr vor allem die Last, sich kümmern zu sollen, sondern die Lust, dem anderen zu begegnen
- Und auch Kunden erleben, dass Begegnungen mit den Menschen in einem Unternehmen ihnen nicht den letzten Nerv rauben müssen, sondern sie reicher machen können.
Menschmomente machen glücklich!
Menschmomente sind das schönste Geschenk überhaupt. Und weil wir ohnehin jeden Tag Menschmomente erleben, brauchen wir nichts anderes zu tun, als unserem Inneren einen kleinen Ruck zu geben. Einen anderen Blickwinkel ausprobieren. Eine neue Haltung. Geben wir also Menschmomenten eine Chance! Ich wette, dass uns das nicht nur glücklicher, sondern letztendlich auch erfolgreicher macht.
Machen Sie sich Ihre glücklichen Menschmomente einfach selbst! Mit diesem kleinen Tagebuch halten Sie ein passendes Werkzeug in den Händen.
Zur Geschichte der Lebensratgeber:
Stefan Senne; Alexander Hesse: Genealogie der Selbstführung. Zur Historizität von Selbsttechnologien in Lebensratgebern. Bielefeld: Transcript Verlag 2019
[…] brauchen reale Räume der Begegnung. Sogar die Introvertierten – sie nutzen diese Räume eben auf ihre Weise. Menschen brauchen […]
Vielen Dank für die Anmkerung – unbedingt! Herzliche Grüße, Sabine Hübner