Fühlbar gut: Wie Sie Servicequalität richtig messen und wirksam managen
So nerven Sie Ihre Mitarbeiter nie wieder mit falschen KPIs – und Ihre Kunden auch nicht
Gelungener Service ist wie ein gutes Livekonzert: Momentkunst! Hier und jetzt. Beides kann man nicht anfassen, und es verschwindet nach dem erlebten Moment in die Erinnerung. Bei beidem spielen wir, als Publikum oder Kunden, sogar entscheidend mit. Geben wir uns dem Moment hin? Öffnen wir uns? Lassen wir uns verzaubern? Oder machen wir „zu“?
Sie sehen schon, die Sache mit der Servicequalität ist vielschichtig. Genau wie Musik lässt sich Service nicht einfach so unter die objektive Qualitätslupe legen. Freilich wird es trotzdem gemacht – und es wird dabei oft Unheil angerichtet. Servicequalität richtig messen und wirksam managen? Wie funktioniert das?
Schnell ist nicht immer gut
Objektive Messungen von Servicequalität beziehen sich zum Beispiel auf den Faktor Zeit. Wie lange hängt der Kunde in der Customer Care-Warteschleife? Wie lange sitzt er im Café, bis er vom Kellner bemerkt und dann auch bedient wird? Wie lange dauert es, bis der Besucher im Schauraum des Autohauses angesprochen wird?
In einem meiner Projekte zur Serviceoptimierung in der Versicherungswirtschaft haben wir zwei Kundenservice-Center verglichen: eines hatte eine fixe Zeitvorgabe für die Gespräche, das zweite ließ den Mitarbeitern freie Hand. Ergebnis: je freier die Mitarbeiter über ihren Zeiteinsatz entscheiden konnten, desto höher die Servicequalität und desto effizienter die Serviceprozesse. Und die überraschende Erkenntnis war: die Mitarbeiter ohne Zeitbudget brauchten nur marginal mehr Zeit. Manchmal ist es eben sinnvoller, Serviceprozesse mit dem Kunden ausführlich zu besprechen und bestens aufzusetzen, um Folgeprobleme schon im Vorfeld auszuschalten. Das zeigt: Schneller ist nicht immer gleich besser.
Als objektiv gelten auch Expertenbeobachtungen und Mystery Shopping. Nur: Beobachter lösen – unsensibel eingesetzt, bei Mitarbeitern oft Stress aus, und kaum etwas würgt Servicequalität sicherer ab als permanenter Stress. Funktioniert dann nicht. Oder wenigstens nicht persönlich. Und Mystery Shopping? Ist eine berechtigte Momentaufnahme und braucht aus meiner Sicht immer ein direktes Feedback-Gespräch, um Betroffenheit zu erzeugen. Funktioniert – ist aber auch nur „die halbe Wahrheit“.
Servicequalität richtig messen und wirksam managen
Subjektive Messungen von Servicequalität zielen auf wiederkehrende Problem-Situationen – messbar zum Beispiel via Beschwerdeanalysen. Oder sie zielen auf Prozesse: Was sind aus Kundensicht wiederkehrende Störungen? Eine andere Perspektive, und diese liebe ich persönlich besonders, zielt auf den Menschmoment. Ich zerlege ihn hier einmal in die drei Fragen, die mir am wichtigsten scheinen:
- Wie tickt der Kunde?
Wie genau nimmt der Kunde Servicequalität wahr? Und: Was genau nimmt er wahr? Je nach Persönlichkeitsprofil des Kunden ergeben sich hier große Unterschiede. Für den einen Kunden zählt im Service vor allem die Beziehung, der andere ist kostensensibel, für einen dritten sind effektive Prozesse relevant, ein vierter liebt die Inspiration des Menschmoments. Fakt ist: Was für den einen höchste Relevanz hat, nimmt der andere gar nicht wahr. Dokumentieren Sie diese Unterschiede? Mit smarten Daten im Hintergrund können Sie Servicequalität an dieser Stelle besser machen. Messbar besser. - Wie lebt der Kunde?
Neben den unterschiedlichen Persönlichkeitsprofilen spielen unterschiedliche Lebenssituationen eine große Rolle: zum Beispiel ist es für mich unpraktisch, wenn mich ein Customer Care Center anruft, weil ich selten telefonisch erreichbar bin. Ich möchte lieber eine Mail. Wer im Job selten Mails abrufen kann, bevorzugt die persönliche Ansprache. Gut, wenn Ihr Unternehmen diese Hintergrundinformationen dokumentiert. Trotz DSGVO ;). Hier sehe ich einen Hebel für messbar bessere Servicequalität. - In welchem Moment erlebe ich den Kunden?
Hier kommt die besondere Situation ins Spiel: was passiert genau jetzt, genau hier? Es kann jederzeit alles anders sein als angenommen. Um den Kunden trotzdem glücklich zu machen, brauche ich Aufmerksamkeit und Empathie. Empathie ist nicht allgemein messbar, allerdings durchaus situativ, zum Beispiel im Mystery Shopping.
Service ist wie Musik! Anders als bei Produkten lässt sich Servicequalität eben nicht zu 100 Prozent objektivieren. Wir können aber versuchen, entscheidende Menschmomente einzufangen – indem wir verstehen und dokumentieren, was unseren Kunden wichtig ist und wie sie leben. Und Servicequalität auf dieser Grundlage richtig messen und wirksam managen. So können wir Menschmomente im Service Schritt für Schritt immer schöner machen.
Mit Empathie! Mit digitalen Hilfsmitteln! Und mit Haltung.
Service ist kein Projekt, Service ist eine Haltung!
Dazu zählt wesentlich Offenheit. Vor allem gegenüber der Tatsache, dass viele Menschen so ganz anders ticken als wir selbst.
Viel Spaß beim Lesen und beim Nachlesen wünscht
Sabine Hübner
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