Wer daneben zielt, trifft ins Schwarze
Warum es im Service ganz oft um etwas ganz anderes geht, als der Kunde meint
Mein Vater wohnt im Garten. An genau seiner Lieblingsstelle, mit Blick über den See. Wir haben ihm sein Fernglas und sein Lieblingsbier mit ins Grab gegeben. In Österreich ist das möglich: Einen Verwandten im eigenen Garten begraben. Wenn wir zu Hause sind, gehen wir immer zu ihm und sitzen eine Weile dort.
Dass sich die entscheidenden Momente im Service oft nicht auf die vermeintliche Hauptperson konzentrieren, habe ich in Serviceprojekten mit Beerdigungsinstituten gelernt. Eigentlich geht es um etwas anders: Es sind die Angehörigen, um die sich der gesamte Service dreht. Darum gibt es liebevolle Angebote für die Trauernden. Es gibt Begleitung, Ermutigung, Gesprächsgruppen, Musik und Blumen. Es gibt neben den immer gleichen Särgen aus Eiche humorvolle Varianten mit grellbuntem Lack. Es gibt Kinderbetreuung und Kummer-Telefone, die Tag und Nacht besetzt sind.
Servicekultur: Empathie macht den Unterschied
Gut so! Davon können andere Service-Anbieter viel abschauen. Im Schwimmkurs für Babys geht es eigentlich darum, den Eltern Angst zu nehmen. Beim Städtetrip für Paare geht es eigentlich darum, Nähe zwischen zwei Menschen zu schaffen. Bei der Einrichtungsberatung geht es eigentlich darum, eine Antwort auf eine sehr existenzielle Frage des Kunden zu finden: „Wer will ich sein?“ Und nicht selten ist es der Optiker, der sich zwar vordergründig um die bessere Sicht der Kundin kümmert, aber eigentlich Ihr Vorstellungsgespräch rettet. Oder, vielleicht noch wichtiger: Ihr Date.
Empathie macht den Unterschied. Empathischer Service weiß selbstverständlich, um was es vordergründig geht. Und er weiß eben auch, was für den Kunden eigentlich wichtig ist.
Sie haben es längst durchschaut: Der Lieblingsplatz meines Vaters ist eigentlich auch unser Lieblingsplatz. Haben Sie auch ganz persönliche eigentlich-Service-Erlebnisse?
Viel Erfolg beim Ins-Schwarze-Zielen wünscht Ihnen
Ihre Sabine Hübner