Smart Service: Digitaler Fußabdruck im Kunden-Smartphone

Was können Finanzdienstleister von Fitness-Apps lernen? Wenn es um digitalen Service geht, mehr als Sie denken!

Ich laufe regelmäßig, um den Kopf frei zu bekommen und um mich zu entspannen. Und das überall – in meiner Wahlheimat Düsseldorf am Rhein genauso wie in der Lieblingsregion meiner Studienzeit, dem Wienerwald. Weil ich digitale Services liebe, nutze ich eine Lauf-App. Und wie das bei Service-Apps so ist, kennt mich diese App viel besser als ich mich selbst. Sie weiß, wie viel und wo genau ich laufe, welche Schuhe ich dabei trage und wie viele Kilometer diese schon auf den Sohlen haben. Und immer wieder überrascht sie mich mit Meldungen auf meinem Smartphone nach dem Motto: „Offenbar reist Du viel – hier habe ich für Dich drei gesunde Rezepte für unterwegs.“ Super!

„Wie kommen wir zum Kunden?“

Hinter der App steht ein Unternehmen, das digitalen Service verstanden hat. Es hat die Frage „Wie kommt der Kunde zu uns?“ längst umgedreht in die Frage „Wie kommen wir zum Kunden?“ Und siehe da: Es ist beim Kunden, bei mir, auf meinem Smartphone-Bildschirm angekommen. Und ist mir damit einen sehr großen Schritt näher als, zum Beispiel, mein Finanzdienstleister.

Keine Frage: auch in Finance gibt es rasante Fortschritte in Sachen Smart Service. Viele Prozesse aber sind irgendwo in den 1990er Jahren stecken geblieben. Dann müssen Mitarbeiter nach jedem Kundengespräch mit Excel Tabellen hantieren, von Fenster zu Fenster springen, aufpassen, dass sie nicht irgendwelche Formeln verändern – die digitale Dokumentation ist äußerst mühsam und es kommt nicht selten vor, dass zusätzlich mit Ausdrucken und aberwitzigen Post-it-Collagen gearbeitet wird, um an den starren Systemen vorbei den Kollegen irgendwie mitzuteilen, was „der Fall“ ist. So funktioniert Service im digitalen Zeitalter nicht. Doch exakt so erlebe ich es aktuell in einem Beratungsprojekt.

Integrierte Service-Systeme? Fehlanzeige…

„Nervt total“, finden die Mitarbeiter im Vertrieb, und auch den Marketing-Experten ist diese Situation längst ein Dorn im Auge. Klar: Heute erwartet jeder Mitarbeiter eine integrierte Kommunikation, wie er es von seinen privaten Kommunikationsgeräten, Onlinehändlern und Sport-Apps kennt und ist deshalb hochfrustriert, wenn er im Job mit hochgradig antiquierten Systemen arbeiten muss.

Interessant: In der IT-Abteilung ist die Stimmung entspannt. Man verteidigt die Systeme, die man in jahrelanger Kleinarbeit zusammengestückelt hat. Auf die Rufe nach einer gänzlich neuen Prozessdenke mit passendem System reagiert man entsprechend verschnupft bis abweisend. Service-Haltung? Ist hier eher ein Fremdwort. Servicehelden? Keine da.

Kundenprozesse statt Unternehmensprozesse!

Um die Nuss zu knacken, haben wir das Business radikal umgekrempelt. Die Frage: „Wie schaffen wir es, dass der Kunde zu uns kommt?“ haben wir umgedreht in die neue Frage „Wie kommen wir zum Kunden?“ Das erfordert eine ganz andere Sicht auf die Verknüpfung von Daten. Konsequent wurden alle Abläufe von außen nach innen – also vom Kunden hin zum Berater und zu den Innendienstbereichen  – neu organisiert und aufgesetzt. Ergebnis waren genau definierte Kontaktpunkte und Kundensituationen und sehr viel bessere, freundlichere und verbindlichere Standard Operating Procedures.

Fußabdruck im IT-System des Kunden

Digitalisierung hin oder her: Eine der größten Herausforderung im Service sind verbindliche Terminabsprachen mit dem Kunden. Hier grassieren Missverständnisse, Übertragungsfehler und Vergesslichkeit. Und genau an dieser Schnittstelle gewinnt jedes Unternehmen, dem es gelingt, den eigenen Fuß direkt in die Tür des IT-Systems des Kunden zu stellen: durch einen Eintrag in seinem digitalen Terminkalender oder durch die App auf seinem Smartphone. Blöd nur, wenn die App nicht mit den internen Systemen verknüpft ist…

Da meldet sich die Lauf-App auf meinem Smartphone: „Du bist 800 Kilometer gelaufen. Glückwunsch! Wäre es nicht Zeit für ein paar neue Schuhe?“ Und schon habe ich eine Idee von meiner Next-Best-Action. So geht Service im digitalen Zeitalter! Da können sich viele Unternehmen etwas abschauen, oder?

 

(Bild: Miss X / photocase.de)