New Work – New Service. 5 Thesen für einen super Sommer.

Anfang 2020 bremste ein kleines Virus eine große Revolution aus: New Work. Jetzt geht das Virus (hoffentlich) – und New Work kommt zurück. Was heißt das für Service?

5 Thesen für den Service-Sommer.

1. Das Büro ist tot – es lebe das Büro

Für manch einen Firmenchef war die Lockdown-Erfahrung ein Schock: Das Geschäft läuft nicht da, wo das Büro ist. Es läuft nicht da, wo der CEO sitzt. Sondern da, wo die Menschen sind. Und solange das WLAN stabil läuft, ist es egal, wo sie sind. Was jetzt? Die einen – Snowflake zum Beispiel – schlossen ihre Zentralen und schickten die Teams für immer nach Hause, weil das Kosten spart. Die anderen verlangten die Rückkehr ins Büro, weil das Kontrolle erleichtert. Wieder andere stellten um auf hybrid, um das Beste aller Welten zu vereinigen – Beispiel T-Systems. Und dann gibt es noch diejenigen, die an neuen Orten arbeiten, in denen Menschen ganz neu und ganz anders zusammenkommen sollen – virtuell, im Metaverse.

Ich meine: Solange wir noch unterscheiden zwischen offiziellem Büro und Heimbüro und virtuellem Büro, haben wir den entscheidenden Schritt nicht verstanden. Entscheidend sind nicht der Ort, die Architektur oder Geografie, sondern der Anwendungsfall – denglisch: der Use Case. Deshalb braucht Service viele Orte: die Privatheit eines Heimbüros für Konzeption, für intensive Telefongespräche und Videokonferenzen. Die Offenheit eines gemeinsamen Kreativraums, an dem Unternehmenskultur fühlbar und Inspiration sichtbar wird. Die geschickt inszenierte Atmosphäre eines Verkaufsraums für besondere Menschmomente. Und für Präsentationen, Trainings und Unterhaltung dann vielleicht noch so etwas wie das Metaverse.

Die Frage „Büro – ja oder nein?“ ist falsch gestellt. Die richtige Frage heißt: „Welche Bühne für welchen Menschmoment?“

2. Schluss mit schlank – und endlich resilient

Mit seinen vielen Arbeitsorten plus fluiden Arbeitszeiten führt New Work zwangsläufig zu doppelten Strukturen. Es braucht ergonomische Arbeitsplätze hier, da und dort. Es braucht Rechner, Kameras, Drucker, Sicherheitslösungen, Energieversorgung, Chips und Klopapier überall. Das ist gut, schreibt das Zukunftsinstitut. Weil es resilient macht:

„Resilienz lässt sich nicht durch ständige Leistungssteigerung erreichen. Zukunftssicherheit hängt auch von scheinbar unnötigem Überfluss ab, von Zwischenlagern, Umwegen, Leerlauf, Redundanzen. Von Vielfalt statt Verschlankung.“

Ich meine: Die globale Lieferkettenkrise und auch die aktuelle Energiekrise führen uns die Grenzen der Effizienzsteigerung klar vor Augen.

In Zukunft sollte unser wichtigstes Ziel nicht „schlank“ heißen, sondern „flexibel“.

3. XaaS: Weniger investieren – mehr mieten

„Everything as a Service“ (XaaS) ist eine Entwicklung, die sehr gut zusammenpasst mit New Work: Wenn Mitarbeitende flexibler unterwegs sind, brauchen sie flexiblere Datenorganisation, flexiblere Mobilität, flexiblere Arbeitsorte. Sie brauchen Cloud-Computing, Dienstfahrräder, Konferenzräume, Software und Sicherheitslösungen. Das alles verschlingt nicht zwingend Unsummen an Geld, denn das alles lässt sich heute mieten.

Ich meine: Es ist höchste Zeit, XaaS über neue Service-Angebote für die eigenen Kunden hinaus zu denken und nach Lösungen für die eigenen Mitarbeitenden zu suchen. Und die Zeit ist reif: Während der vergangenen zwei Jahre sind viele neue Angebote entstanden, die sich in Zukunft mit Sicherheit noch vervielfachen werden.

Kurz: „Kopf schlägt Kapital“ geht in die nächste Runde.

4. Macht Service bunt! Denn divers macht erfolgreich.

Die Arbeitsbedingungen von New Work ermöglichen die Beschäftigung einer diverseren Belegschaft. Eine gute Idee angesichts des grassierenden Fachkräftemangels. Mit „diverser“ sind zum Beispiel junge Eltern gemeint, wenn das Heimbüro ihnen die Kinderbetreuung erleichtert. Und es sind internationale Mitarbeitende gemeint, die, wenn sie von emotional belastenden Mikroaggressionen betroffen sind, lieber zu Hause bleiben.

Dass divers erfolgreich macht, ist schon lange bekannt: Laut McKinsey haben Unternehmen mit hoher Gender-Diversität eine um 25 Prozent und damit signifikant größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Der Wert steigt auf 36 Prozent bei einer hohen ethnischen Diversität (Internationalität des Vorstands) – so die Studie „Diversity Wins – How Inclusion Matters“, für die McKinsey Daten von mehr als 1.000 Unternehmen in 15 Ländern analysiert hat.

Trotz alledem gibt es einen Fallstrick: Steuern Unternehmen nicht aktiv dagegen, können Teams entlang der Generationengrenzen auseinanderbrechen, warnt Prof. Ewald Scherm von der Universität Hagen. Junge Mitarbeitende vernetzen sich virtuell. Und „im Büro arbeiten die verbleibenden älteren Generationen zusammen, die aus Gewohnheit und anlässlich des sozialen Miteinanders zurückkehren.“ Hier braucht es neue Ideen für Teamentwicklung.

Ich meine: Je größer die Perspektivenvielfalt im Team, desto größer das Verständnis für die Vielfalt auf Kundenseite. Bunt macht erfolgreich!

5. Lasst die Zügel locker – Service-Kreativität braucht Freiheit

Führung auf Distanz kann herausfordernd sein. Nicht jeder verkraftet den gefühlten Kontrollverlust, manch einer kontrolliert permanent per Telefon oder illegal über Online-Tools. Warum das für Service-Qualität Gift ist? Kontrolle führt zu Stress – und Stress verhindert Menschmomente. Kontrolle zeugt von Misstrauen – und das zerstört die Motivation. Nicht zuletzt begünstigt die Kontrolle bestimmter KPIs – Arbeitsstundenzahl, Mauszeigerbewegungen etc. – die Optimierung ebendieser KPIs durch hirnloses Stundenabsitzen oder pseudosmarter Arbeit-mit-der-Maus-Simulatoren.

Ich meine: All das erzeugt nur die Illusion von Kontrolle – und leider auch nur die Illusion von Kunden-Service.

Die Frage heißt also nicht: Wie kontrollieren wir unsere Mitarbeitenden rund um die Uhr? Sondern: Wie empowern wir Mitarbeitende durch zielorientiertes Führen und Entscheidungsfreiräume? Und wie setzen wir Prozesse auf, damit sie auch ohne permanente Kontrollen und Interventionen rund laufen? Dass genau hier – Empowerment und Führung – die aktuell wichtigsten Knackpunkte liegen, bestätigt auch die Studie Service Performance 2022, die ich gerade mit meinem Unternehmen forwardservice publiziert habe…

Kurz: Service braucht in diesem Sommer neu belebte Orte, flexible Strukturen, frische XaaS-Tools, buntere Teams und mehr Freiheit für alle.

Wie sehen Sie das? Auf welchen Service-Sommer steuern Sie zu? Schreiben Sie es mir!

Ich freue mich auf Ihre Antworten!

Herzlich,

Ihre Sabine Hübner