Überhitzte Kunden? 3 verbale Eiskübel mit Sofortwirkung
Kleines Missverständnis – großes Geschrei. Die Kundennerven liegen so blank wie nie, die Service-Motivation in den Teams ist am Boden, die Servicequalität im Keller. Kann man denn gar nichts tun? Doch. Man kann. Drei Notfall-Interventionen für Servicekatastrophen.
Kürzlich im ICE, erste Klasse. Ein Gast mit Ticket für die zweite Klasse macht es sich gemütlich. Als ihn die Zugbegleiterin höflich bittet, aufzuzahlen oder den Platz zu wechseln, beschimpft er sie in einer Weise, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Und das, obwohl sie ihm noch anbot, bei der Platzsuche zu helfen. Das ging so weit, dass andere Gäste ihr zur Seite sprangen.
1. Frontalangriff? Ebene wechseln.
Was tun bei einer schlimmen Beleidigung? Auf der Fachebene einsteigen und erklären, warum Sie nicht soooo dumm sind, wie Ihr Gegenüber vermutet, bringt nichts. Sich auf die gleiche Stufe stellen, auch nicht. Variante eins ist, Unrat vorbeischwimmen lassen, also gar nicht reagieren. Oder Sie bleiben höflich distanziert, wechseln die Ebene und mimen die feine, englische Art: „Ich habe den Eindruck, Ihre guten Manieren verlassen Sie gerade.“ Dies wird auf Kundenseite nicht auf Gegenliebe stoßen, funktioniert also nur dann, wenn Sie ohnehin nicht zwingend weitere Geschäftsbeziehung wünschen. Erfahrungsgemäß erreichen Sie so aber das, was Sie jetzt am dringendsten brauchen: Ruhe im Karton.
2. Beschwerde? Erstmal pusten.
„Das Dichtungsband klebt nicht! Betrug!!!“ Nicht jede Beschwerde wird sachlich vorgetragen. Gut zu wissen: „Jetzt beruhigen Sie sich doch erstmal!“ wirkt wie Öl auf Feuer. Auch wichtig: Nicht auf der Fachebene einsteigen. Also nicht von einem Anwendungsfehler ausgehen – auch dann nicht, wenn das der wahrscheinlichste Grund ist. Das Problem ist nicht der Kleber, sondern das Kundenherz. Und das braucht Empathie: „Da ist Ihnen etwas Ärgerliches passiert. Ich verstehe, dass Sie wütend sind.“ Resonanz zeigt Ihrem Gegenüber: Ich werde gesehen, gehört, gefühlt. Das macht den Unterschied. Empathischer Service wirkt wie „Aua-Wegpusten“.
3. Drohung? Grenzen ziehen
Eigentlich ist der ultimative Kundenberuhigungssatz dieser: „Es tut uns sehr leid, dass dieser Fehler passiert ist. Wie können wir es wieder gut machen?“ Doch in einer Zeit, in der wir es mit Übergriffen auf Kassiererinnen zu tun haben, in der es zu Schlägereien in der Bahn kommt und sogar zu Morddrohungen, helfen höfliche Service-Tipps nicht weiter. Da hilft nur klare Kante: Angriffe anzeigen, kompromisslos die 110 wählen, Hausverbote aussprechen. Es ist das, was wir im Moment neu lernen müssen:
Wenn der Kunde sich nicht benimmt wie ein König,
muss er auch nicht wie einer behandelt werden.
Service Empowerment heißt in dieser Zeit, Teams für Wutkunden stark machen. Das ist keine reine Frage der Service-Haltung mehr, das ist eine Führungsaufgabe. Und das ist eine Frage, die mich sehr bewegt. Deshalb möchte ich von Ihnen wissen:
Erleben Sie in Ihrem Job auch zunehmend durchgedrehte, dünnhäutige Menschen?
Wie reagieren Sie, wenn’s knallt?
Gerne möchte ich Ihre Einsendungen auswerten und in meinem nächsten Blog zitieren – unter Nennung Ihres Vornamens, Wohnorts und Ihres Berufs. Schreiben Sie mir bitte, wenn Sie damit einverstanden sind.
Ich bin gespannt auf Ihre Erlebnisse und Überlebenstipps und freue mich sehr, von Ihnen zu lesen!
Herzlichen Dank schon jetzt
bleiben Sie gesund und vor allem: Cool…
Ihre
Sabine Hübner
Bildquelle: Susann Städter / photocase.de