Der freundliche Roboter als Serviceheld?
Außerordentlich charmant, mit ihren Kulleraugen richtig süß und durch nichts aus der Ruhe zu bringen – das sind die freundlichen Roboter, die bei uns zu Hause, in Krankenhäusern und Hotels immer mehr Aufgaben übernehmen sollen. Vor allem in China und Japan sind Roboterhunde beliebt, hier dürfen Roboter in Altenheimen für Unterhaltung sorgen und in Fast-Food-Ketten Suppe servieren.
Die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende. In Japan soll sich der Markt für Industrieroboter bis 2020 auf 9,2 Milliarden Euro verdoppeln, der Markt für Dienstleistungsroboter soll um das 20-fache wachsen.
Und, ganz ehrlich, die Entwicklung ist faszinierend: In diesem Jahr wird Elektronikkonzern LG auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, einer der weltweit größten Fach-Messen für Unterhaltungselektronik, einen persönlichen Assistenten in Matroschkaform und mit strahlend blauen Augen vorstellen. Die weiße Figur soll uns über die Sprachtechnologie Alexa mit dem Riesenversandhaus Amazon verbinden und kann außerdem die Haustechnik steuern: Heizung anschalten, Licht ausschalten. Er kann den Wetterbericht präsentieren, Musik abspielen, Familienmitglieder erkennen und mit dem Kopf nicken. Für den Anfang nicht schlecht.
Wer mit einem freundlichen Roboter nur ein wenig plaudern will, der kann sich von Toyota Kirobo Mini unterhalten lassen. Das nur zehn Zentimeter große Kerlchen soll in der Lage sein, menschliche Stimmen zu erkennen, das Köpfchen zu drehen, auf Ansprache zu reagieren und so einsame Autofahrten erträglicher machen. Auch eine Idee. Für mich persönlich wäre ein Service-Roboter ideal, der mir morgens Cappuccino ans Bett bringt! Zumindest, wenn mein „echter“ Serviceheld nicht da ist.
Eine neue, technische Variante des Gentleman
Jedes Jahr kommen noch mehr, noch freundlichere Roboter auf den Markt, die uns das Leben leichter machen und uns ein wenig Freude bereiten sollen. Die Faszination ist nicht neu: Schon in den Star-Wars-Filmen waren zwei freundliche Roboter unterwegs: Der menschenähnliche, allzu höfliche C-3PO als Antiheld und der staubsaugerähnliche, intelligente und mutige R2-D2 als zuverlässiger Serviceroboter, der sogar Raumschiffe reparieren konnte. „Sie sind die eigentlichen Helden der Saga“, soll Schöpfer George Lucas über das Roboter-Paar gesagt haben.
Möchte man auch gerne bei sich zu Hause haben, oder? Mit ihrer freundlichen Zugewandtheit und ihrem je nach Programmierung verblüffendem Humor sind Service-Roboter wie eine neue, eine technische Variante des Gentleman. Sie sind Gentlebots, sozusagen.
Einerseits freut mich das sehr, und ich sehe hier für den Service ganz neue Chancen in einem ökonomischen Ausmaß, das wir noch gar nicht recht einschätzen können. Andererseits macht mich genau diese Entwicklung sehr nachdenklich. Denn wir erleben sie ausgerechnet in einer Zeit, in der die guten Sitten zwischen echten Menschen häufig nicht mehr gepflegt oder sogar absichtlich mit Füßen getreten werden. Aus Nachlässigkeit, aus Mangel an Herzensbildung und einfach nur deshalb, um möglichst billig und laut möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen.
Wir brauchen echte Servicehelden
Der Ton ist rau geworden in der Welt. Und genau jetzt freuen wir uns über Roboter, die uns freundlich anlächeln und uns Hilfe versprechen? Projizieren wir unsere unerfüllte Sehnsucht nach einer freundlichen, zugewandten Welt damit auf Roboter mit immer größeren Kulleraugen und immer glatteren Oberflächen?
Natürlich können wir von derartigen Servicemaschinen profitieren. Anders als echte Servicemitarbeiter maulen solche Roboter niemals, sie sind nicht unpünktlich und nicht launisch – und solange der Akku voll ist und das Programm nicht abstürzt, läuft Service richtig schön rund.
Doch glaube ich nicht, dass wir unsere Wünsche nach Serviceglück allzu sehr auf freundliche Roboter konzentrieren sollten. Gilt es nicht gerade jetzt, für echte Freundlichkeit, für echte Empathie zwischen Menschen einzutreten? Und zwar zwischen Menschen gleich welcher Abstammung, gleich welchen Milieus? Sollten wir uns nicht gerade jetzt wieder auf die Tugenden der echten Gentlemen und Grande Dames zurückbesinnen, sollten sie ausbilden, ausfeilen, anerkennen und feiern?
Ich wünsche mir nicht immer mehr perfekt programmierte Service-Roboter. Ich wünsche mir mehr Servicehelden aus Fleisch und Blut, mit Herz am rechten Fleck. Solche mit einer authentischen Service-Haltung, mit guten Sitten und Contenance. Es kann doch nicht sein, dass ungehobeltes Brüllen, abwertendes Twittern und drohendes Posten nun die neue Normalität sein sollen und wir uns, wenn wir eine freundliche Unterhaltung suchen, an Service-Roboter wenden müssen… Wie sehen Sie das?
Ich wünsche Ihnen für 2017 viele herzerfrischende Begegnungen mit echten Servicehelden!
Ihre Sabine Hübner
Ich vermute, dass das eine (Social Media Trash) mit dem anderen (freundliche Robots) wenig oder nichts zu tun hat. Die Robots können wichtig werden, beispielsweise für Menschen mit Behinderung, für alte Menschen. Denn hier fehlt es schon Jahrzehnte lang an „Service-Helden“. Im normalen Leben sieht es gar nicht so schlecht aus.
Service funktioniert zunehmend da, wo sich der Dienstleister Vorteile erhofft. Das haben sogar deutsche Unternehmen erkannt. Was ich wirklich vermisse, sind die Helden ohne Ruhm, die sich ohne Gegenleistung oder erwartbare Vorteile wie Kundenbindung, Empfehlungen etc., ins Zeug legen für das Wohl anderer Menschen. Diese Helden ohne Ruhm werden die Robots wohl doch ersetzen müssen. Also her damit.
Lieber Herr Zirbik, ohja, Roboter werden und sich im Alltag behilflich sein. Mein Bruder schwört zum Beispiel schon heute auf seinen Saugroboter Manuel. Serviceglück schöpfen wir jedoch sicherlich vor allem aus der Begegnung mit Menschen.
Ich finde, es gibt schon viele Menschen, die einem leise Service-Glücksmomente schaffen – einfach so. Und ja: Mehr davon! Das wird dann passieren, wenn wir diese Servicehelden spüren lassen, dass sie die wahren Großen sind.
Herzlich
Sabine Hübner