Wenn Du aus dem Urlaub kommst, und alles ist anders…

Mein schönstes Geschenk habe ich dieses Jahr einfach so bekommen, ohne Geburtstag, ohne Weihnachten. Es hat mich total umgehauen – und sehr nachdenklich gemacht…

Nach drei Wochen Transalp-Urlaub komme ich zurück nach Düsseldorf. Überraschung: Unser Büro sieht … ganz anders aus! Im Schaufenster leuchtet ein neues, wunderschönes Bild, die Regale sind anders gestaltet, der Teamraum neu strukturiert. Staunend gehe ich die Treppe hinunter in unser Untergeschoss mit seinen „Stillarbeitsplätzen“ und den Escape-Room-Materialien. Auch hier: Alles blitzblank, entrümpelt, WOW. Ich fahre meinen Computer hoch und wundere mich über die verschmitzten Gesichter meines Teams. Dann fällt mir die Kinnlade runter: Während ich über die Alpen geradelt bin, hat das Team unser welearning-Tool weiterentwickelt. Neue Funktionen und coole Didaktiken! Alle sind stolz und gut gelaunt, ich lasse mich sofort anstecken, bin berührt … und komme dann doch ins Grübeln.

Warum muss ich erst wegfahren, damit das alles passiert!?

Beim Team-Lunch frage ich nach. Wir haben uns die Köpfe heiß geredet und drei Dinge über Teams, Führung und auch Urlaub gelernt, die ich hier mit Ihnen und Euch teilen möchte:

1. Loslassen!

Viele Führungskräfte ertragen Kontrollverlust allenfalls mäßig (ich nehme mich da nicht komplett aus). Dahinter steht die Überzeugung: Das Chef-Auge lässt die Dinge so laufen, wie sie laufen sollen. Das Chef-Auge hat aber auch eine Nebenwirkung, die wir oft übersehen: Die Dinge, die über die normale Alltagspraxis hinausgehen, laufen nicht. Und das nicht einmal wegen Quiet Quitting oder mangelnder Motivation. Nein: Es passiert einfach aus Routine und Gedankenlosigkeit. Deshalb kann ein temporäres Chef-Augen-OFF für Führungskräfte und Teams solche Glücksgefühle auslösen – und auch Produktivität.

2. Abmelden!

Auf der Alm gibt’s kein Internet. Ich war also zwangsläufig offline, und meinem Team blieb gar nichts anderes übrig, als alle Entscheidungen selbst zu treffen. Es übernahm eine neue Rolle im Management. Im Englischen gibt es dafür eine treffende Unterscheidung: Project Management und Project Ownership. Projektmanager konzentrieren sich auf die Fragen „Wer macht was“ und „Wie machen wir das“. Project Owner dagegen müssen weiter, größer denken: „Was wollen wir mit diesem Projekt erreichen?“ und „Warum ist es für uns wichtig?“. Wer sich als Owner eines Projekts versteht, übernimmt wirklich Verantwortung. Und wenn dieses sich-wirklich-verantwortlich-Fühlen zu super Ergebnissen führt, während Chef oder Chefin offline die persönlichen Akkus aufladen, dann haben wir eine Win-Win-Situation für alle.

3. Freilassen!

Das heißt: Nicht engmaschige Führung garantiert Produktivität – sondern maximale Flexibilität. Wenn Sie jetzt skeptisch die Stirn runzeln, haben Sie ganz recht. Das Wort „garantiert“ stimmt pauschal nämlich nicht. Es stimmt nur dann, wenn die Rahmenbedingungen klar sind und vor allem: die gemeinsame Arbeitshaltung stimmt, mit der Betonung auf „Arbeits“…

Bei uns hat alles zusammengepasst. Und ich frage mich gerade, ob ich jetzt schon gespannt sein darf, was mich nach meiner nächsten Tour erwartet – oder ob das schon eine Erwartungshaltung wäre, die der Überraschungsfreude meines Teams den Stecker zieht? Was meinen Sie?

Ich jedenfalls fühle mich in meinem Glaubenssatz bestätigt:

Treue gibt es nur in Freiheit.