Click & Collect-Service: Klicken, abholen und freuen

Warum schon heute nicht mehr Unternehmen miteinander konkurrieren, sondern Supply Chains. Und was das mit Servicehelden zu tun hat.

Karo! Echt britisch, ziemlich braun und absolut cool. Mir blieb der Mund offen stehen, als ich ihn ganz zufällig entdeckte. Ganz hinten, fast versteckt zwischen Besucherstuhl und Kleiderständer. Eigentlich war ich auf dem Weg zu meiner Verabredung ins Restaurant. Doch an diesem Typen konnte ich nicht einfach vorbeigehen.

Es war genau der Typ Glencheck-Hosenanzug, den ich mir schon so lange ausgemalt und gewünscht hatte. Ein bisschen old school landlady und zugleich unverschämt cool. Ich ahnte, ich würde mich darin ein bisschen fühlen wie „M“ – die Chefin von James Bond. Ein Gedanke, der mir gerade heute, genau jetzt, richtig gute Laune machte.

„Mission possible!“

Ich rauschte Richtung Glencheck. Schob hastig Kleiderbügel an der Stange entlang – auf der Suche nach der Größe, die erfahrungsgemäß entweder ausverkauft ist oder gar nicht erst genäht wurde. Meine Größe: 34. Überraschender Fund: die Hose. Wie für mich gemacht. Das Sakko aber gab es nur noch eine Nummer größer. Meine Mission schien zu scheitern. Sicher unvorstellbar für eine „M“… Doch genau in diesem Augenblick entdeckte mich eine Mitarbeiterin.

„Schade! Der Anzug steht Ihnen echt super!“

„Danke, das sehe ich auch so!“

„Warten Sie, ich hole eben mein Tablet. Im Online-Shop ist Ihre Größe noch lieferbar!“

„Wirklich?“

„Ja, schauen Sie hier. Möchten Sie den Anzug bestellen?“

„Da fragen Sie noch?“, lache ich.

„Schon passiert, Madam!“, zwinkerte sie mir zu.

Im Handumdrehen hatten wir das Objekt der Begierde geordert. Für mich neu: mit Lieferung ins Kaufhaus. Dieser Service nennt sich „Click & Collect“: online bestellen, ins Geschäft liefern lassen, dort in Ruhe anprobieren und wenn etwas nicht passt, direkt an der Theke bei der freundlichen Mitarbeiterin samt Karton wieder abgeben, und die Sache ist erledigt.

Der Click & Collect-Service ist schlau, wenn man es richtig anstellt: Er spart dem Kunden Zeit und Geld, hält flexibel, sichert die Verfügbarkeit und nimmt ihm die Retoure ab. Er wird trotzdem beraten und genießt ein schönes Kauferlebnis. Die perfekte Mischung aus digitaler und persönlicher Service-Welt.

ROPO: research online, purchase offline

Und absolut zeitgemäß: Heute informieren sich vier von zehn Kunden online, bevor sie offline kaufen Das ist der ROPO-Effekt, gemeint ist research online, purchase offline. Und wenn die Mitarbeiter die Schnittstelle zum Online-Service von der Beratung bis hin zur Abholung so engagiert schließen, ist der Weg ins Kaufhaus allemal spannender als der zur Post, um das Paket abzuholen oder die Retoure abzugeben. Die Kundenbeziehung wird gestärkt. Und wenn der Kunde schon mal da ist, nimmt er in gut 50 Prozent der Fälle auch noch etwas im Vorbeigehen mit. So macht Service gleich noch Umsatz.

Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende: Als Beraterin stellt sich für mich die Frage, wie ein Unternehmen wie mein Lieblingskaufhaus in Düsseldorf einen solchen Service wirtschaftlich darstellen kann? Dazu drei Gedanken.

  • Erstens: Wenn durch den persönlichen Kundenkontakt mehr Bindung und auf diesem Weg mehr Verkauf entstehen, rechnet sich das. Langfristig. Was natürlich nur mit effektiven Servicehelden am point of sale Solche mit Haltung, Sie wissen schon: Service ist kein Projekt. Service ist eine Haltung.
  • Zweitens: Die Verbindung von research online im Laden und purchase offline im Laden kann sogar Kosten senken. Alles spricht dafür, seltene Größen grundsätzlich vor allem im Online-Shop-Lager vorrätig zu halten.
  • Drittens: Wer jetzt auf die Idee kommt, dass man ja auch erst im Falle einer Bestellung beim Hersteller ordern und so Lagerkosten komplett sparen könnte? Richtig gedacht. Nebenbei entstünde auf diesem Weg eine datengetriebene Kultur, die ganz neue Möglichkeiten der Analyse und der Optimierung eröffnete? Auch richtig gedacht. Das Modell nennt sich Streckengeschäft. Der Online-Modehändler Zappos war genauso gestartet und hatte dann wieder Abstand von diesem Modell genommen. Zu viel Chaos. Zu viele unzufriedene Kunden. Dennoch ein wichtiges Thema.

Von Professor Martin Christopher (Cranfield University, UK) stammt der schöne Satz: „In Zukunft werden nicht Unternehmen miteinander konkurrieren, sondern Supply Chains.“ Für die hochtourige Modeindustrie gilt das in besonderer Schärfe. Was halten Sie von der Idee, die Supply Chain einmal wirklich und konsequent zu Ende zu denken? Bis in den Laden hinein, bis „auf die Fläche“ (wie es so schön heißt), also bis zur entscheidenden Schnittstelle zwischen Kunde und Unternehmen? Zum:

Servicehelden.

Ein sehr richtiger, wichtiger Gedanke. Nur: Was wird eigentlich investiert, um diese Helden für ihr Engagement wertzuschätzen? Wenig. Wissen wir alle. Was wird getan, um diese Helden optimal für ihre so wichtige Rolle in Verbindung mit den digitalen Services fit zu machen? Kaum etwas. Wissen wir auch. Und wie viel wird getan, um das Thema Service positiv im Alltag zu adressieren? Ein bisschen irgendwas, ein bisschen nebenher…

Servicehelden kann man gezielt trainieren! Schon gewusst?
(Ich hätte da eine Idee: www.we-learning.com)